Abrupte nächtliche Stillpause (frühestens ab dem 1. Geburtstag):
Kinder, die nachts sehr oft aufwachen und stillen, sind meist sehr stark an das nächtliche Stillen gewöhnt, vor allem aber an die Nähe und die Geborgenheit, die sie durch das Stillen erhalten. Wird das Kind nachts abgestillt, bevor das Kind von selbst bereit ist, kann dies zu großen Ängsten, Traurigkeit und Ärger beim Kind führen. Deshalb ist es wichtig, dass eine nächtliche Stillpause sehr sanft und langsam eingeführt wird, mit aller zur Verfügung stehender Liebe, viel Geduld und Mitgefühl.
Eine nächtliche Stillpause ist vor allem dann eine Möglichkeit, wenn die Mutter mit den nächtlichen Störungen nicht mehr gut zurechtkommt, wenn sie dadurch selbst an (Ein- oder Weiter-) Schlafproblemen leidet, oder auch, wenn das (Einschlaf-)Stillen zum überwiegenden Teil mit negativen Gefühlen verbunden ist.
Wie Eltern genau diese Stillpause einführen, ist individuell und unterschiedlich.
Die sanfteste Methode wäre dabei, zunächst nur ein kleines Zeitfenster von etwa 3 Stunden zu wählen, zum Bsp. von Mitternacht bis vier Uhr morgens, und diesen Zeitraum zur stillfreien Zeit zu erklären. Der Zeitraum wird dann, sobald gut etabliert, schrittweise ausgedehnt. Wenn das Kind schon älter ist und ausreichend Beikost hat, kann dieses Zeitfenster auch gleich von Beginn an länger als 4 Stunden sein.
Damit das Kind diesen Prozess gut verstehen kann, haben Familien gute Erfahrungen gemacht mit einem kleinen Nachtlicht oder Lämpchen, welches mit einer Zeitschaltuhr verbunden ist. Leuchtet es in der Nacht, darf gestillt werden, ist es aus, ist stillfreie Zeit. Für das Kind ist es so gut zu verstehen, wann Stillzeit ist (Lämpchen ist an) und wann nicht, weil geschlafen wird (Lämpchen ist aus). Dies kann sogar zu einer Art Spiel genutzt werden und bereits tagsüber geübt werden. Wichtig dabei ist, dass dieses Lämpchen gut für das Kind erkennbar ist, aber keinesfalls zu hell leuchtet, da dies sonst das Kind am Weiterschlafen hindern würde.
Und so kann die nächtliche Stillpause ganz konkret umgesetzt werden:
· Einen klaren Entschluss zu treffen und diesen auch vertreten zu können, ist die wichtigste Voraussetzung für die Umsetzung einer nächtlichen Stillpause. Je klarer die Eltern sind, umso einfacher ist es für das Kind, diesen Entschluss anzunehmen.
· Das Kind sollte ungefähr ein Jahr alt sein. Wird vorher nachts abgestillt, ändert es meist nichts am nächtlichen Aufwachen.
· Das Vorgehen mit dem Partner oder einer anderen Bezugsperson besprechen und gemeinsam planen. Das Kind ist manches mal schwer von der Person zu beruhigen, welche ihm die Brust verweigert. In diesem Fall wäre es wichtig, dass jemand anderes die nächtliche Stillpause übernimmt. Manche Mütter wollen diesen Prozess unbedingt selbst begleiten, in diesem Fall ist es möglich, dass der Vater sich um die Mutter kümmert und die Mutter das Kind tröstet.
· Der Zeitpunkt, wann mit der Stillpause begonnen wird, wird gemeinsam festgelegt. Optimal ist ein Zeitpunkt, an welchem das Kind ganz gesund ist, sich nicht gerade mitten in einem emotionalen Entwicklungsschritt befindet (Bsp. Trennungsangst), gerade keine großen Änderungen stattfinden (Bsp. Umzug, Eingewöhnung Kinderkrippe, etc.) und die Eltern tagsüber keine wichtigen Termine haben.
· Die Mutter kleidet sich für diese stillfreie Zeit „stillunfreundlich“, das soll verhindern, dass das Kind sich selbst nachts an der Brust „bedient“.
· Damit das Kind nachts nicht zu hungrig ist, sollte es tagsüber öfter zum Stillen angelegt werden. Für die Stillpause kann nachts Wasser, abgepumpte Brustmilch in einem Becher, Brei, Pre-Milch, eine Banane, etc. vorbereitet und angeboten werden.
· Dem Kind genau erklären, was passiert. Auch, wenn es noch nicht alles versteht, es wird die klare Botschaft und Haltung spüren. Zum Beispiel: „Ich habe Dich immer sehr gerne gestillt, meine Brüste brauchen nun eine Pause. Ich stille Dich deshalb jetzt noch einmal und erst dann wieder, wenn……das Lämpchen leuchtet, die Sonne scheint, etc.“ Das Kind soll gut verstehen können, wann es stillen darf und wann nicht. Ist ein Kind verwirrt und versteht die Botschaft nicht, kann es leicht passieren, dass sich das Kind gänzlich, nicht nur nachts, abstillt.
· Als neue Einschlafhilfe wird ein anderer Weg gewählt, welchen die Eltern gerne längerfristig anwenden möchten, dieser sollte auf jeden Fall im Körperkontakt und im Liegen (oder Sitzen) sein. Zum Bsp. Liegend im Arm einschlafen. Der neue Weg sollte entspannend für alle Beteiligten sein.
· Wird das Kind vor der angestrebten Pause wach, wird es gestillt; wacht es während der Stillpause auf, wird es gestreichelt, beruhigt, gehalten, geschaukelt, getragen, etc., aber nicht gestillt.
· Das Weinen und Schreien ihres Kindes ist für viele Eltern sehr schwierig zu ertragen. Es hilft, wenn die Eltern wissen, dass dieses Verhalten normal, gesund und gut ist. Es wäre seltsam, würde das Kind die Veränderung einfach hinnehmen, ohne zu protestieren. Die Eltern können dem Kind helfen, mit dem Protest klarzukommen, sie können anstelle des Kindes diese Gefühle benennen und so das Kind dabei bestärken, diese Gefühle zu zeigen und auszuleben.
· In diesem Prozess kann das Atmen für Eltern sehr hilfreich sein. Sich können sich mit ihrem Atem verbinden (Bauchatmung) und gut in sich verankert zu sein, wenn sie ihr weinendes Kind begleiten. Hier kann auch mit der EEH (=Emotionelle Erste Hilfe nach Thomas Harms) gearbeitet werden, welche der Ansicht ist,dass ein Kind in sich gut verankerte Eltern braucht, um sich gut begleitet zu fühlen. Weitere Informationen gibt es hier: https://www.emotionelle-erste-hilfe.org/fuer-eltern/
· Halten die Eltern das Weinen gar nicht mehr aus, ist es absolut in Ordnung, abzubrechen und es zu einem anderen Zeitpunkt wieder zu probieren. Vielleicht war der Zeitpunkt einfach nicht der richtige, vielleicht kündigt sich ein Infekt an oder das Kind kann aus irgendeinem Grund gerade gar nicht mit dieser Veränderung umgehen. In diesem Fall ist dies keinesfalls Versagen der Eltern oder ein Rückschritt, sondern es war für Kind und/oder Eltern noch nicht der richtige Zeitpunkt.
· Weil sich die Gefühle der Eltern auf das Kind übertragen, sollen die Eltern möglichst ruhig und klar sein. Eventuell ist ein Personenwechsel angebracht, damit sich die andere Person inzwischen beruhigen kann.
· Meist gibt es 2-5 „schlimme Nächte“, bis das Kind die Erfahrung gefestigt hat, im Körperkontakt ohne Brust weiterschlafen zu können.
· Durch das seltenere Stillen nachts fällt Körperkontakt, Geborgenheit und Sicherheit weg, es ist daher wichtig, dies tagsüber nachzuholen. Einige Kinder verlangen dann tagsüber vermehrt zu stillen oder wollen mehr Körperkontakt und das ist absolut verständlch.
· Klappt die Stillpause gut für 3 Stunden, kann sie langsam ausgedehnt werden, bis schließlich nur noch zum Einschlafen und Aufwachen gestillt wird. Das könnten dann die beiden letzten Mahlzeiten sein (falls gewünscht) welche weggelassen werden.
· Während und nach diesem Prozess können Kinder anhänglicher sein als sie es vor der nächtlichen Stillpause waren. Ihnen viel Nähe zu geben und viel Rückversicherung ist für die Kinder positiv und hilfreich!
· Wenn das Kind krank ist, braucht es viele extra Portionen Liebe, Geborgenheit und auch die Antikörper aus der Brustmilch. Eventuell entscheiden die Eltern daher, während dieser Zeit eine Ausnahme zu machen. Wenn das Kind wieder ganz gesund ist, kann wieder mit der nächtlichen Stillpause begonnen werden. Es wird dann wieder eine oder zwei Nächte dauern, bis das Kind das verstanden hat, aber es wird auf jeden Fall um einiges einfacher sein als beim ersten Mal.
· Falls das Kind dies bisher nicht hatte, sollten Fläschchen oder Schnuller nun nicht angewöhnt werden. Das wäre nicht förderlich für den nächtlichen Schlaf. Hat das Kind diese bereits vorher verwendet, ist es natürlich in Ordnung, Fläschchen und/oder Schnuller weiterhin zu geben.
Ganz wichtig: Lass dein Kind während des gesamten Prozesses nie alleine! In dieserZeit braucht dein Kind sehr viel Liebe, Geborgenheit, Sicherheit und Mitgefühl!
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